GEOGRAFIE |
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AQUAE I ALPHABETISCH |
Aquae (Baden bei
Wien) Namensgebung Der Name Aquae ist einzig im Iterinarium Antonini (Strassenverzeichnis um 200 n.Chr.) belegt, doch dürfte er infolge der warmen Quellen schon seit der Gründung des Ortes verwendet worden sein. Im Römischen Reich gab es zahlreiche Städte, die Aquae (mit oder ohne Zusätze) hiessen, da man damit immer einen Kurort titulierte; z.B. Aquae Solis (Bath) in Britannien. Im Frühmittelalter wurde Aquae zu Padun (= Baden), was lediglich eine Entlatinisierung darstellt. Die Slawen dürften zwischenzeitlich den Ort vermutlich Wodize (in etwa "Wasserburg") genannt haben. Vor den Römern Baden gehörte in vorrömischer Zeit verwaltungsmässig zur östlichsten Grenzregion des Regnum Noricum (Königreich Noricum). In der Umgebung existierten einige kleinere Bergsiedlungen; so auf dem Braunsberg bei Carnuntum, dem Leopoldsberg bei Wien und direkt um Baden drei ähnliche Höhensiedlungen. Diese Dörfer auf dem Rauhenecker Berg, der Hildegardruhe und dem Harter Gebirge waren bereits in der Jungsteinzeit besiedelt. Das friedliche Zufallen des Königreichs Noricum an Rom änderte an den bestehenden Verhältnissen kaum etwas. Seit ca. 16 v.Chr. lag Aquae in der Provinz Noricum. Das Gebiet östlich davon wurde 8 v.Chr. Illyrien zugeschlagen und auch die Einrichtung der Provinz Pannonien 10 n.Chr. rüttelte wohl nicht am Status quo. Aquae - eine neue Siedlung im äussersten Westen Pannoniens Als Noricum durch Kaiser Claudius den Provinzialstatus verliehen bekam, wurden die Grenzen nach Osten hin genauer festgelegt. Damit gelangte das Gebiet um Aquae endgültig zu Pannonien. Die Grenze verlief nur wenige Meilen im Westen quer durch den Wienerwald, doch war dies ohne Bedeutung, da sich die Strassenanbindungen ohnedies an der Nord-Südachse orientierten. Die Einheimischen in den Bergsiedlungen mussten ihre alteingesessenen Wohnsitze verlassen und sich in der Ebene ansiedeln. Die meisten begaben sich in die Nähe der neuen zivilisatorischen Zentren, wie Carnuntum (Petronell), Scarbantia (Ödenburg) und Vindobona (Wien). Um 50 n.Chr. wurde deshalb unter Kaiser Claudius auch Aquae als neue Siedlung gegründet. Die Lage hierfür war günstig. Die bereits erwähnten Städte waren in nächster Umgebung und die warmen Quellen vor Ort tat ein übriges dazu. Das römische Baden bestand aus zwei deutlich trennbaren Teilen; einem militärischen und einem zivilen. Das eine Zentrum war eine Thermenanlage in der Nähe der sogenannten Ursprungs- oder Römerquelle, die auch als Militärspital bzw. -kuranstalt fungierte. Diesem Komplex angeschlossen wird ein provisorischer Kasernenbau zur Unterbringung der Legionäre gewesen sein. Vermutet wird dieser Bau im Bereich des Herzoghofs, des Theaters und der Pfarrschule in Baden. Immerhin hat man dort um 1800 bei Kanalbauarbeiten eine gut 1 m dicke römische Grundmauer mit Toreinfahrt entdeckt. Sämtliche militärischen Sanitätseinrichtungen unterstanden dem Legionskommandanten in Vindobona. Der zivile Teil von Aquae wurde von der keltisch-illyrischen Urbevölkerung bewohnt, die sehr schnell durch romanisierte Veteranen ergänzt wurde. Die dichteste Besiedelung lässt sich für den Hauptplatz und die Frauengasse des modernen Badens nachweisen. Die Kleinfunde zeigen, dass der Lebensstandard des Ortes rasch angestiegen war. Man ergrub neben zahlreichen Gefässresten, die auf einen regen Warenimport schliessen lassen, Parfumflakons und ausreichend Terra-sigillata-Geschirr. Ziegel wurden durch die Öfen der pannonischen Legionen geliefert. Vor Ort produzierte man Kalk an den Ausläufern des Kalvarienbergs, wie ein entsprechender Ofenfund belegt. Verwaltungstechnisch gesehen blieb Aquae immer ein vicus (Dorf), das wohl zu Beginn noch unter dem Einfluss ehemaliger, einheimischer Adliger stand. Schon bald dürfte sich jedoch das typisch römische Gemeinderegiment mit einem vicus magister (Dorfmeister) an der Spitze etabliert haben. Wichtige Entscheidungen wurden ohnedies in der zuständigen Bezirkshauptstadt getroffen. Bis spätestens 212 gehörte der ager (Landbezirk) zu Carnuntum, ab diesem Zeitpunkt zu Vindobona. Mit der Teilung der Provinz zwischen 103 und 106 n.Chr. lag Aquae in Pannonia Superior (Oberpannonien). In der Umgebung der Siedlung existierten zahlreiche kleine Gehöfte, die mit ihrer landwirtschaftlichen Produktion die Nahrungsmittelversorgung sicherstellten. Der bereits von den Kelten betriebene Weinbau wurde in römischer Zeit weiter ausgebaut, diente aber nur der lokalen Versorgung und das domitianische Anbauverbot für Edelsorten trug das ihrige dazu bei. Eine entsprechende Villa rustica (Gutshof) dürfte im Bereich der Christallniggasse - Bahngasse - Strasserngasse gelegen haben, wie Fundhäufungen nahe legen. Die Thermenanlagen von Aquae Die Existenz einer römischen Therme an der Ursprungsquelle mit ihrer Grotte wurde 1796 nachgewiesen. Alle Zufallsgrabungen von 1796 bis 1928 ergeben zusammen ein Puzzle, das eine Rekonstruktion nur im allgemeinen erlaubt. Die ergrabenen Reste konzentrieren sich auf Ziegel, Platten und Mauerwerk, sodass der Grundriss einigermassen rekonstruiert werden kann. In der linken Hälfte des Gebäudes wurde eine Hypokaustenheizung nachgewiesen, die nur die Hälfte der üblichen Höhe aufwies, was wohl auf die warme Quelle zurückzuführen ist. Die bereits in den Anfangstagen von Aquae errichtete Thermenanlage dürfte ein ca. 53 m langer und 8 bis 10 m breiter Rechtecksbau gewesen sein. Die Ausdehnung liegt damit deutlich unter jener von Bädern in Legionslagern, aber Aquae war auch kein Truppenstützpunkt sondern "Lazarett und Erholungsheim". Typisiert wurde die Anlage als grosses Reihenbad. Erbaut worden war alles durch die legio XV Apollinaris sowie die ihr zugeteilte cohors I Alpinorum equitata (1. berittene Alpinkohorte). Die erste Anlage Mitte des 1.Jh.n.Chr. stellte jedoch einen schlichten Holzbau mit Ziegeldeckung dar, der nur durch das warme Schwefelwasser geheizt wurde. Die heutige Sommerarena von Baden liegt auf einem ehemaligen Hügel (1841 planiert), der durch eine mehrere Meter tiefe Schlucht vom Kalvarienberg getrennt war. Darin liegt bis heute jene Grotte, in der die Quelle entspringt. Das schwefelhaltige Wasser läuft durch einen natürlichen Gang (seit 1796 wegen Einsturzgefahr gemauert) nach Süden ab. Genau an diesem Austritt errichtete man die Bäderanlage und fasste das heilende Wasser. Man betrat das Gebäude an der östlichen Schmalseite und gelangte zunächst in die Palaestra (in diesem Fall ein Turnsaal, der auch als Garderobe diente). Ihm folgten Frigidarium (Kaltwasser-Raum), Tepidarium (Warmwasser-Raum) und Caldarium (Heisswasser-Raum). Zumindest für die beiden letzteren Säle sind Hypokausten nachgewiesen. Die Böden waren mit Mosaiken verziert, die Becken mit wasserdichtem Mörtel verputzt. Ganz im Sinne von Vitruv, befestigte man an den Holzbalken Eisengestelle und installierte daran eine hängende Ziegeldecke mit wasserabweisendem Verputz. Von einem Verputzstücke wurde sogar sein Ziegelpendant am Boden gefunden! Bislang nicht ermittelt wurden die für den Betrieb einer Solchen Anlage notwendigen Nebenbauten, wie Latrinen und Lagerräume. Aquae besass ein weiters Bad mit eigener Quelle, über welches später der Hochaltar der Frauenkirche gebaut wurde. Nach deren Schleifung 1811 fand man eine 2 m dicke Quadermauer mit Seitenmauern. Das Gebäude zog sich wahrscheinlich entlang des Josephsplatzes stadteinwärts. 1877 fasste man die Quelle neu ein und fand bei den Arbeiten eine römische Münze. Die Tatsache der frühen Existenz einer Kirche an dieser Stelle legt nahe, dass es sich bei diesem Ort um ein ehemaligen Nymphenheiligtum (vielleicht sogar mit medizinischem Trakt) handelte. Dieses Gebäude dürfte auch der Abschluss der dichten Besiedelung gewesen sein, da die Funde hier abrupt abbrechen. Strassenanbindung Das Strassennetz war in durch die Nähe zu Carnuntum und dem Legionslager Vindobona besonders gut ausgebaut. Die wichtigste Verbindung, die sog. Gebirgsrandstrasse, kam von Wien ausgehend über Mödling, Baden, Wöllersdorf/Fischau, Neudörfl und Mattersburg und besass eine Anbindung an die Wechselstrasse nach Noricum. Zwar konnte man über Saumpfade auch über den Semmering, aber das war in der Antike keine beliebte Route. Karl Ritter von Ghega war eben noch nicht geboren ;-) Die zweitwichtigste Verbindung verlief in der Ebene über Inzersdorf, Vösendorf, Biedermannsdorf, Weigelsdorf, Dt. Brodersdorf, Müllendorf und Klingenbach. Vermutlich gab es eine Abzweigung nach Guntramsdorf, Traiskirchen und Tribuswinkel nach Baden. Daneben existierten zahlreiche Verbindungen niederer Ordnung, wie die bereits existierende Helenentalstrasse oder den Weg über den Gerichtsberg nach Cetium (St.Pölten). Für diese Route gab es eine eigene Abkürzungsstrecke bei Vöslau. Meilensteinfunde von diesen Strassen gibt es in Gumpoldskirchen (im Mittelalter als Pranger benutzt; welch schändlicher Frevel!) und in Tribuswinkel. Für Aquae ist im Itinerarium Antonini eine mansio (Raststation) verzeichnet. Wohl befand sich auch im nahen Berndorf eine solche Station, wie durch Funde vermutet wird. Der Strassenverlauf direkt um Aquae ist unsicher. Vermutlich verlief die Hauptstrasse über die heutige Germergasse, die Welzergasse, den Kaiser-Franz-Ring und die Spiegelgasse. Anschliessend scheint es einen Knick in Richtung Theresiengasse gegeben zu haben. Am heutigen Hauptplatz gab es eine Strassengabelung, die massgeblich in der heutigen Dreiecksform des Platzes nachwirkt. Weiter ging es durch die Frauengasse, mittels einer Furt über die Schwechat und entlang der Weilburg- und Jägerhausgasse. Mit der Isabellastrasse wurde an die Gebirgsrandstrasse wieder angeknüpft. Die Anbindung an die Strasse in der Ebene dürfte durch die Wassergasse zum Schwechatfluss hin nach Leesdorf erfolgt sein und die Helenentalstrasse zweigte wohl beim Josefsplatz ab. Von der Umfahrungsstrasse, die offenbar für den Direktverkehr Cetium - Carnuntum wichtig war konnte ein kleines Stück auf der Höhe von Vöslau freigelegt werden. Sie zieht sich immer noch durch einen trockenen Wiesenstreifen sichtbar durch die meisten Weingärten der Gegend. Religion Der Quellhügel selbst blieb als Nymphäum samt heiligem Hain unverbaut. Zum Dank für ihre Heilung, errichteten dort zahlreiche Kurgäste Votivsteine und Opferaltäre. Zwei hiervon sind im 20. Jh. auf uns gekommen. Zum einen ein Opferstein der Legio XV Apollinaris für die Quellnymphen, zum anderen das durch eine niedrige Umfassungsmauer vom übrigen Areal abgegrenzte kleine Heiligtum der Salus; gestiftet von einem Publius Geminius. In Pannonien wurde vor allem der Waldgott Silvanus verehrt. Etwa an der Ecke Pfarrgasse - Theresiengasse hatte ihm ein gewisser Iulius Severus in seinem Garten einen Altar mit der Inschrift SIL D | IVL SE | VER | [V] S gewidmet. Ein Fund auf dem Harterberg wird als Rest eines Herculesbildes interpretiert. In einigen Höhlen in der Umgebung Badens wurden antike Funde gemacht, die bis in die Jungsteinzeit zurückreichen. Leider fand man bislang keine konkreten Götterbildnisse, sodass die Existenz dieser "Höhlenkulte" der vielleicht nicht romanisierten Urbevölkerung bislang vor allem spekulativen Charakter besitzt. Wie allgemein üblich befanden sich die Grabanlagen auch in Aquae ausserhalb der Stadt. Einige davon lagen entlang der Strecke vom Haus der Kunst bis zum Gärtnerhaus im Kurpark. Andere Gräberfunde gab es am Harterberg und an der Isabellastrasse. Selbst als das Christentum schon lange Staatsreligion war, wurden die traditionellen Kulte immer noch ausgeübt. Anhand von Münzfunden aus dem 5.Jh.n.Chr. ist ein florierendes Quellheiligtum in Grossau nachgewiesen worden. In Aquae selbst wurde die theodosianische Heidenverfolgung jedoch scheinbar ernst genommen und alte Anlagen, wie der Nymphenaltar der Legio XV, systematisch zerstört. Ungefährer Lageplan der wichtigsten
Einrichtungen, sowie der Strassenanbindung |
Rekonstruktion eines Grabsteines mit Venus Vixtrix und Soldaten, Aquae Mitte 3.Jh.n.Chr |
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Quellen: Katalogblätter des Rolletmuseums Baden |
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