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Bibliotheken in Rom

Das 2. Jahrhundert v.Chr.

Das 2.Jh.v.Chr. wurde von einem erlesenen Kreis römischer Patrizier um Scipio Aemilianus literarisch befruchtet. Sein Vater Lucius Aemilius Paullus hatte in der Schlacht von Pydna den Makedonenkönig Perseus geschlagen und seinen Söhnen erlaubt die königliche Handschriftensammlung nach Rom zu bringen.

Da es mittlerweile zum guten Ton gehörte, sich in der griechischen Gedankenwelt auszukennen, schafften sich immer mehr Leute eine wenn auch kleine Privatbibliothek an. Leider ist kaum etwas darüber hinaus bekannt. Die einzige ist jene erwähnte, die Scipio und sein Bruder nach Rom brachten. Ihre Ursprung ging auf den von der griechischen Kultur begeisterten König Archaleos zurück, der sogar Euripides und andere bedeutende Dichter an seinen Hof locken konnte. Da sich Antigonos II. Gonatas als Förderer der Künste hervorgetan hat, dürfte er die Sammlung während seiner langen Herrschaftszeit von 277 bis 239 v.Chr. beträchtlich erweitert haben.

Die Schriftsteller seiner Umgebung konnte Scipio nun mit Werken aus erster Hand versorgen. Der als „Vater der römischen Literatur“ betitelte Ennius übersetzte etwa die philosophische Utopie des Euhemeros über eine imaginäre Reise zu noch nicht erforschten Inseln im Indik. Das Werk ist sehr selten und kann nur durch Scipio zugänglich gemacht worden sein, da Euhemeros mehr als zehn Jahre am makedonischen Hof verbracht hatte.

Andere Schriftensammlungen werden nicht die Breite einer scipionischen Bibliothek gehabt haben. Dennoch kristallisierte sich während dieser Zeit eine zunehmende Vertiefung in Spezialgebiete heraus. Im konkreten bedeutete dies, dass man die gängigen Klassiker besass und darüber hinaus noch Werke über ein Gebiet von speziellem Interesse des Sammlungsinhabers. Cicero berichtet vom Patrizier C. Sulpicius Galus, der sich in die Literatur richtig hineinsteigerte und schliesslich als Spezialist für Astronomie galt.

Vor der Schlacht von Pydna wurde er dann auch vom Feldherrn Paullus dazu auserkoren, den Soldaten eine bevorstehende Mondfinsternis ganz sachlich zu erklären, damit diese das Ereignis nicht als böses Omen deuteten. Daraufhin verfasste er gleich ein Buch über Sonnen- und Mondfinsternisse. Wenn er sogar als Schriftsteller hervorgetreten ist, so muss er auch eine Sammlung entsprechender Werke besessen haben, aus denen er sein Wissen schöpfen konnte - eine Fachbibliothek. Auch scheint es, dass er sich Kopien aus der Grossen Bibliothek in Alexandria anfertigen und schicken liess.

Laut Polybios begeisterten sich die römischen Schriftsteller schon früh für Historiographie - die Geschichtsschreibung. Er selbst verfasste eine ziemlich weitschweifige Geschichte Roms vom Ausbruch des Zweiten Punischen Krieges bis zur Zerstörung des Makedonierreiches (in Summe etwa 50 Jahre). Polybios schrieb in Griechisch, dies aber nur deshalb, da er seinen Landsleuten klarmachen wollte, warum die Römer immer siegreich blieben. Zahlreiche Andeutungen in seinem Werk zeigen eine tiefe Kenntnis der innerrömischen Entwicklungen, die er sich nur durch das Studium bereits vorhandener römischer Geschichtsschreibung erwerben konnte. Polybios bewertete sogar die Abhandlungen seiner Kollegen:

Die umfangreiche Darstellung der Zeit Philipps II. von Makenonien durch Theopompos verurteilte er wegen zahlreicher Lügen und bissiger Bemerkungen, die griechische Geschichte des 3.Jh.v.Chr. von Phylarchos erschien ihm als das Werk eines Sensationsschriftstellers, Chaireas’ und Sosylos’ Geschichte des Zweiten Punischen Krieges enthüllte er als Tratschgeschichten (beide gehörten scheinbar zum Gefolge Hannibals und schrieben dementsprechend schmeichelhaft), der Erste Punische Krieg von Philinos ergreift zu sehr die Partei Karthagos. Aber nicht nur Tadel konnte Polybios austeilen. Die Erinnerungen von Aratos, einem griechischen Politiker und Heerführer aus der 2.Hälfte des 3.Jh.v.Chr. wurden von ihm hoch gelobt.

Um dieses umfangreiche Wissen anzuhäufen musste Polybios Zugang zu all diesen - bekannten aber auch ziemlich unbekannten - Werken besessen haben. Einige Bücher dürften der scipionischen Bibliothek entstammen, aber vieles liess sich in Rom nicht auftreiben. Da er viel reiste, wird er vermutlich jede Gelegenheit benutzt haben, um an Abschriften zu kommen. Die Geschichte des Timaios liess er sich etwa bei einem Aufenthalt in Athen kopieren.

Somit gab es in Rom um die Mitte des 2.Jh.v.Chr. zahlreiche Schriftstücke nicht nur in Griechisch, sondern auch in Latein. Die meisten Werke waren jedoch dem gemeinen Publikum nicht zugänglich. Sie lagerten in den Privatsammlungen der reicheren Haushalte. Standardwerke, wie etwa eines Homer, konnte man sich damals allerdings bereits mehr oder minder einfach besorgen. Breite und Tiefe der Literatur teilten sich hingegen auf alle führenden Familien Roms auf und versorgten den speziellen Geschmack ihrer Inhaber. Ein Austausch erfolgte lediglich im Kreise der gebildeten Inhaber.

Ptolemaios I. Soter gründete die Bibliothek von Alexandria, die Vorbild für alle anderen Grossbibliotheken jener zeit wurde

 


Quellen: W.Hoepfner "Antike Bibliotheken", L.Casson "Bibliotheken in der Antike", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)