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Die Bibliothek von Alexandria

Die Bibliothek, die unter Caesar niemals brannte

Allseits bekannt ist, dass bei der Verteidigung seiner Position Caesar die Schiffe im Hafen anzünden liess, um sie einerseits nicht dem Feind in die Hände fallen zu lassen, andererseits wollte er verhindern, dass gegnerische Schiffe einlaufen konnten. Das Feuer geriet ausser Kontrolle und griff auch auf die berühmte Bibliothek über. Zwar konnte der Brand gelöscht werden, doch sollen zahlreiche papyrii den Weg des Irdischen gegangen sein. Soweit zur überlieferten Legende.

Caesar verschwieg die Details seiner Aktionen in Alexandria. Cicero erwähnte keinen Brand und auch Strabon, der 20 Jahre später die Stadt besuchte wusste nichts dergleichen zu berichten. Die ersten Bereichte tauchten erst ein Jahrhundert später bei Seneca und Plutarch auf. Auf sie berufend wurde der Brand der Bibliothek von Alexandria zum Allgemeingut - und damit zu einem Geschichtsirrtum.

Das Museion samt Bibliothek gehörte zum Palastkomplex der Ptolemäer und befand sich weder an der Küste noch in der Nähe des Hafens. Dort lagen ausschliesslich Märkte, Warenlagen und Werften. Vermutet wird der Bau im königlichen Viertel brucheion südöstlich des Theaters.

Auf der Suche nach seinem Erzfeind Pompeius, der sich nach Ägypten abgesetzt hatte, kam Caesar am 4. Oktober 48 v.Chr. (Datum noch nach dem Numanischen Kalender) nach Alexandria. Schnell erführ er, dass sein Rivale eines gewaltsamen Todes gestorben war. Infolge mangelnden Windes (es herrschten gerade die nördlichen Jahreszeitwinde) verblieb Caesar samt seiner kleinen Flotte in der Stadt. Nun, da er schon einmal da war, entschloss er sich in die aktuellen Thronstreitigkeiten Ägyptens einzugreifen.

Ptolemaios Auletes hatte zu gleichen Teilen seinen Sohn Ptolemaios und seine älteste Tochter Kleopatra als Erben bestimmt. Palastintrigen hatten den damals erst etwa 13 Jahre alten König dazu gebracht seine Schwester in die Verbannung zu schicken. Sie fand Zuflucht in Syrien und setzte alle Hebel in Bewegung wieder auf den Thron zu kommen. Da kam es ihr gelegen, dass Caesar gerade in Alexandria war. Sie konnte ihn dazu bewegen für sie Partei zu ergreifen.

Ein friedlicher Vermittlungsversuch schlug fehl und als das ägyptische Heer unter der Führung von Achillas mit 22.000 kampferprobten Soldaten auf Alexandria marschierte wurde die Situation für Caesar brenzlig. Er hatte lediglich 3.200 Mann unter Waffen. Eiligst in Marsch gesetzte Legionen waren zuvor Pompeius verpflichtet gewesen und es war unklar ob sie loyal blieben.

Eine offene Feldschlacht konnte Caesar nicht gewinnen. So beschloss er sich im Brucheion zu verschanzen und erst einmal abzuwarten. Achillas besetzte wie erwartet die Stadt, konnte aber die Römer nicht hinauswerfen. Neben den Strassenkämpfen wurde auch der Hafen zum Schlachtfeld. Dort lagen 50 voll einsatzfähige Kriegsschiffe des Pompeius, hauptsächlich Quinquiremen, und 22 Schiffe mit Verdeck; die Hafenschutzflottille der Ptolemäer. Die römische Flotte bestand lediglich aus zehn rhodischen und einigen asiatischen Einheiten.

Achillas erkannte die Gelegenheit und wollte sich der pompeianischen Schiffe bemächtigen. Caesar wiederum war klar, dass er den langen Küstenstreifen nicht halten konnte. So liess er die Schiffe entproviantieren und in Brand setzen. Gleiches geschah mit den Werften.

Dies waren die einzigen Nachrichten, die über den Brand schriftlich festgehalten wurden. Weder Caesar, noch Cicero oder Strabon erwähnten mehr. Erst Seneca beklagt den Verlust von 40.000 Schriftrollen. Aber er bezieht sich nicht ausdrücklich auf die Bibliothek und eine Anklage gegen Caesar findet auch nicht statt. Spätere Schriftsteller wussten, dass die Bibliothek weitaus mehr Bücher im Bestand hatte und machten aus den 40.000 schliesslich 400.000 verbrannte Schriften. Bemerkenswert ist, dass Sueton - der für Skandalgeschichten bekannt war - diesen Verlust gar nicht erwähnt. Der von Plutarch bezeugte Brand passt zeitlich nicht ganz in den geschichtlichen Rahmen.

Lucan, der Neffe Senecas und ein entschiedener Gegner Caesars, schrieb über den Brand der Schiffe und Werften, jedoch nicht über verloren gegangene Bücher. Im 2.Jh.n.Chr. schnellte die Zahl der Verluste auf 700.000 unter Aulus Gellius hoch. Am interessantesten für die Aufklärung der Irrtümer ist jedoch Cassius Dio, der noch später eine Geschichte jener Zeit verfasste. Demnach brannten am Hafen zahlreiche Gebäude ab; vor allem Getreide- und Bücherlager seien betroffen gewesen.

Auch geografisch ergibt sich ein Problem mit einem Brand in der grossen Bibliothek. Von den Werften ist alleine das Theater 500 m entfernt. Dazu wird wohl mindesten noch einmal die Hälfte bis zum Museion kommen. Ausserdem wurden Bibliotheken in der Antike wegen der Feuchtigkeit der Wände nicht an Aussenmauern platziert. Hätte das Feuer das königliche Viertel erreicht, so wären grosse Teile der Innenstadt in Schutt und Asche gelegen. Bei der weiteren Verteidigung spielten die Strassen jedoch eine grosse Rolle und das königliche Viertel wurde befestigt.

All dies lässt sich auf folgendes Zusammenfassen: Caesar setzte Schiffe und Werften in Brand. Der Brand geriet ausser Kontrolle und äscherte die Lagerhäuser am Hafen ein. Dort befanden sich auch apothecae (Bücherlager), wohl für jene Schriftrollen, die von den Schiffen beschlagnahmt bzw. wieder ausgeliefert wurden. Auch der reguläre Buchhandel wird dort seine Depots gehabt haben. Dies waren die 40.000 Bände, die den Flammen zum Opfer fielen. Museion und Bibliothek blieben von den Kampfhandlungen mehr oder minder verschont. Deshalb: Die Bibliothek von Alexandria hat unter Caesar nie gebrannt!

Ptolemaios I. Soter gründete die Bibliothek von Alexandria



Quellen: W.Hoepfner "Antike Bibliotheken", L.Casson "Bibliotheken in der Antike", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)