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Lucius Domitius Aurelianus

Herrschaft I (Die Aurelianische Mauer)

Aurelian war von den Truppen zum Kaiser ausgerufen worden und musste zunächst noch die laufenden Militäraktionen beenden, bevor er sich auf den Weg nach Rom machen konnte. Der bereits weit gediehene Krieg mit den Goten konnte schnell beendet werden, indem die Städte Anchialus und Nicopolis entsetzt wurden.

Eine Verschnaufpause war für den Kaiser noch nicht drin. Juthungen und Markomannen hatten die Alpen überquert und waren in Oberitalien eingefallen. Als die Stämme vom Anmarsch der Römer erfuhren, brachen sie ihren Zug ab und versuchten mit der gemachten Beute zu entkommen. Doch Aurelian schnitt ihnen den Weg ab und bekriegte sie an der Donau. Die Juthungen sandten darauf Unterhändler zum Kaiser und baten um Wiederaufnahme des Friedensvertrages und der damit verbundenen Subsidien. Der Schriftsteller Dexippos berichtet vom Empfang der Delegation. Aurelian sass auf erhöhtem Podest ganz in Purpur gehüllt. Das Ansinnen der Juthungen wurde abgelehnt, lediglich die Rückkehr in ihre Wohngebiete gestattet.

Im folgenden begab sich Aurelian nach Rom, wo der Senat seine Ernennung zum Kaiser missmutig bestätigte. Im Jahr darauf kehrte er an die Donaugrenze zurück. Bereits Claudius hatte energisch Vorbereitungen zur Abwehr der Vandalen getroffen. Aurelian gab an die Statthalter der germanischen Provinzen den Befehl aus, alle Lebensmittelvorräte in die Städte bringen zu lassen. Damit sollte der Feind keine Möglichkeit der Versorgung haben. Der folgende Feldzug brachte keinen überragenden Sieg, aber die Vandalen suchten um Frieden nach. Der Kaiser überliess seinen Soldaten die Entscheidung über die Weiterführung des Krieges. Die Vandalen erhielten ihren Friedensvertrag, doch stellten die Römer Bedingungen. Die Eindringlinge durften in ihre Wohngebiete zurückkehren, mussten jedoch Geiseln und 2000 Mann Kavallerie stellen  Als davon 500 Mann nichts wissen wollten, wurden sie umgebracht.

Die Vandalen waren noch nicht vollständig abgezogen, als erneut Markomannen und Alamannen - wahrscheinlich unterstützt von einigen Juthungen - auf die italische Halbinsel vordrangen. Aurelian eilte sofort aus Pannonien herbei. Der Tross der Eindringlinge hatte sich bis Placentia (Piacenza) vorwagen können. Um ihnen den Rückzug abzuscheiden, liess der Kaiser die Alpenpässe dicht machen. Nun forderte er die Abgabe der Waffen. Doch die Stämme waren gerissener, als gedacht. Sie lockten die Truppen in einen Hinterhalt und fügten Aurelian eine schwere Niederlage zu. In Rom brodelte derweilen die Gerüchteküche und führte zu einem umstürzlerischen Klima, das in einen Aufstand der Münzarbeiter mündete.

Im Mittelpunkt stand der rationalis summae rei (Vorsteher der kaiserlichen Münzanstalten) Felicissimus. Entweder auf seine Veranlassung oder weil er umgebracht worden war, erhoben sich die Münzmeister in Rom. Ein Versuch Aurelians, Münzen mit deutlich erhöhtem Silberwert auszugeben, war scheinbar an der Unterschlagung von Silber gescheitert. Die Münzarbeiter wurden beschuldigt die Münzen ohne Anweisung mit geringerem Silberanteil ausgeprägt und den Gewinn in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Der Aufstand fand zahlreiche Anhänger, auch unter den Senatoren. Es kam zu Kämpfen, bei denen sich die Aufständischen auf dem Caelius-Hügel verschanzten. Nur unter dem Einsatz von kampferprobten Truppen konnte der Hügel eingenommen werden. Zurück blieben 7000 Tote auf beiden Seiten, darunter einige Senatoren.

Dem Kaiser blieben derweilen weitreichende Folgen seiner Niederlage erspart. In ihrer Gier nach Beute hatten sich die Eindringlinge in zahlreiche kleine Gruppen zersplittert. Aurelian konnte sie einer nach der anderen stellen und aufreiben. Scharmützel fanden statt am Metaurus, bei Fanum Fortunae (Fano) und in der Nähe von Ticinum. Die Zahl jener, die über die Alpen entkommen konnte, war gering. Eine weitere Verfolgung musste wegen der Niederschlagung der Unruhen in Rom aufgegeben werden.

Die Provinz Raetien war schon seit längerem zum Aufmarschgebiet der äusseren Feinde Roms von Norden her geworden. So verkürzte sich die Strecke nach Rom noch mehr. Italien war verkehrstechnisch gut ausgebaut und wenn ein Feind nicht in Oberitalien geschlagen werden konnte, stand das Tor nach Rom weit offen. Genau diesen Schluss zog Aurelian aus den letzten Schlachten und er entschied sich das seit Jahrhunderten unbefestigte Rom mit einer mächtigen Stadtmauer umgeben zu lassen. Sie umfasste eine Länge von 29 km und war damit deutlich länger als die uralte Severianische Mauer. Mehr als drei Meter dick und meist über sechs Meter hoch beinhaltete sie 18 Einzel- bzw. Doppeltore mit speziellen Abwehrtürmen für Schleudergeschütze.

Noch 271 begannen die Arbeiten an jener Mauer, die schlussendlich als „Aurelianische Mauer“ seinen Namen tragen sollte. Sie ist in weiten Strecken noch heute in bestem Zustand erhalten. Da sich solch ein grosses Bauvorhaben nicht über Nacht realisieren liess, dauerte der Bau einige Jahre und wurde erst unter Kaiser Probus endgültig fertig gestellt. Rückwirkend betrachtet sollten sich die Verteidigungsanlagen als nutzlos erweisen, da sie nicht für Belagerungen, sondern für die Abwehr von Barbarenangriffen, konzipiert worden war. Auch konnten für den Bau keine Soldaten abgestellt werden. Die Anlage wurde von zivilen Arbeitern errichtet.

Ende 271 bzw. Anfang 272 sah sich der Kaiser dann auch von inneren Feinden bedroht. Eine Reihe von Gegenkaisern begann ihm den Thron streitig zu machen. In Südgallien usurpierte ein Domitianus, in Dalmatien ein Septimius und irgendwo anders ein Urbanus. Über diese Rivalen ist kaum mehr als der Name bekannt, so schnell und offensichtlich erfolgreich wurden ihre Revolten unterdrückt.

Münzportrait
des Kaisers Aurelian


 

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(PL)