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EINLEITUNG |
Lucius
Domitius Aurelianus
Herrschaft III (Restitutor Orbis)Auch das folgende Jahr wurde wieder ein kriegerisches. Nachdem im Osten
Ruhe eingekehrt war und auch die Donaugrenze einigermassen hielt,
wandte sich Aurelian den inneren Feinden seiner Herrschaft zu. Das
Gallische Sonderreich hatte schon einige Jahre fast unbehelligt
existiert; damit war es nun vorbei. Sommer 274 marschierten Aurelians
Legionen nach Gallien und stellten den Gegner auf den Katalaunischen
Feldern. Was jetzt folgte, ging als eine der eigentümlichsten Vorfälle der römischen Gegenkaiser in die Geschichte ein. Mitten in der Schlacht lief Tetricus, Kaiser in Gallien, zu Aurelian über. Was so sonderbar klingt, war ein zuvor ausgehandeltes und damit abgekartetes Spiel. Der Kaiser führte Tetricus daraufhin gemeinsam mit seinem Sohn und Zenobia im Triumph mit. Angeblich waren bei diesem Triumphzug sogar chinesische Gesandte anwesend. Die Geschichte hatte schliesslich ein Happy-End. Tetricus
wurde nicht hingerichtet, sondern erhielt vielmehr mit der Sonderstatthalterschaft von Lukanien einen hohen Verwaltungsposten in Süditalien
und auch die gesamte Verwaltung des Sonderreiches wurde reibungslos
wieder in das Gesamtreich eingegliedert. Tetricus’ Sohn
gleichen Namens bekleidete
später ebenfalls hohe Senatorenposten. In einer Zeit der allgegenwärtigen Kriege und Revolten hatte plötzlich
staatspolitischer Weitblick regiert. Das Sonderreich war zwar allen
Kaisern ein Dorn im Auge, befreite aber Rom von Kämpfen an der
Rheingrenze. Das damit entlastete Heer konnte sich somit auf andere
Aufgaben konzentrieren und das Römische Reich vor dem Kollaps retten.
Auch funktionierte der überregionale Warenverkehr weiterhin in alle
Richtungen. Den gallischen Machthabern war es indes nicht anders
ergangen, als den Kaisern in Rom. Sie wurden genauso gestürzt und
ausgerufen, wie es im Gesamtreich üblich war. Eine Erschöpfung
machte sich auf allen Seiten bemerkbar. So waren die Beteiligten wohl
zum Schluss gekommen, dass eine friedliche Wiedervereinigung die beste
Alternative wäre. Damit war das Römische Reich im Herbst 274 erstmals seit langem wieder
unter einer Regierung vereinigt. Verdientermassen konnte sich Aurelian
mit dem Titel Restituor Orbis
(Wiederhersteller des Erdkreises) schmücken. Militärisch hatte Rom
seine tiefste Krise überwunden und den Stürmen der Zeit - wenn auch
mit einigen Abstrichen wie dem agri
decumates in Raetien
und Dakien - getrotzt. Forthin hatte Aurelian mit jenen Problemen zu
hadern, die infolge der Kriegswirren nicht so sehr im Vordergrund
gestanden waren. Am schlimmsten war die Wirtschaftskrise, deren für jedermann ersichtliches Anzeichen der Verfall der Währung war. Seit 268 war die Qualität der Silbermünzen drastisch zurückgegangen, nachdem sie schon zuvor arg gelitten hatte. Das Vertrauen in die Geldwirtschaft, das unter anderem für den Aufstieg Roms gesorgt hatte, war dahin. Zum ersten Mal seit Caracalla erschienen
auch neue Münztypen, über deren Wertrelation man sich nicht genau im
Klaren ist. Eingeführt wurde der Aurelianus, eine
Silber-Kupfer-Legierung mit der Aufschrift XXI, was wohl 21 Sesterzen
gleich 5 Denare bedeuten dürfte. Auch gab es Münzen mit der
Aufschrift VSV, was für 5 plus 5 gleich 10 Denareangenommen wird.
Die Ausgabe von Münzen in höheren Nominalen sollte den Zahlungsverkehr
verbessern. Die Einnahmen aus den wiedergewonnenen Provinzen entlasteten den
Staatshaushalt merklich. So konnte es sich Aurelian leisten alle
Schulden von Bürgern gegenüber der Staatskasse zu streichen.
Parallel engagierte er sich bei der Bekämpfung von Unterschlagungen.
Die kostenlose Verteilung von Brot wurde in der Hauptstadt neu
organisiert und das Anrecht auf eine Brotration konnte nun
weitervererbt werden. Ergänzt wurde dies durch erweiterte Fleisch-,
Salz- und Ölspenden. Die Nahrungsmittelpreise wurden staatlicherseits
überwacht. Damit wurde er Vorreiter der Preiskontrollmassnahmen eines
späteren Kaisers - Diocletian. Das Flussbett des Tibers wurde entschlammt und die Ufer besser
befestigt, brachliegendes Land in ganz Italien zugunsten des Staates
eingezogen. Damit sollten ihre Besitzer zur Bewirtschaftung angehalten
werden. Lebensmittelhändler und das Schiffergewerbe wurden in neuen
beinahe militärisch anmutenden Kollegien zwangsorganisiert. Dies war
ein weiteres Vorspiel der allgemeinen Kooperationspflicht,
Reglementierung und Zentralisierung, wie sie unter Diocletian üblich
werden sollte. Auch auf dem Gebiet der Religion hatte sich in den letzten Jahrzehnten
einiges verändert. Von Osten her hatte sich der Kult des Sol
Invictus ausgebreitet, der auch
innerhalb des Heeres beliebt war. Der Kaiser erkannte die Macht einer
religiösen Einheit aller Römer und förderte den Kult, indem er ihn
mit der bereits bestehenden Solverehrung in Rom verschmolz. Die alten Götter
verloren durch diese Vorgehensweise jedoch nicht an Bedeutung, sondern
wurden spirituell ergänzt. Aurelian liess 274 einen neuen Sonnentempel für den nach strengen
staatlichen Richtlinien (vor allem in Zusammenhang mit der
Kaiserverehrung) organisierten Kult neben dem Mausoleum des Augustus
am Marsfeld errichten. Das Gebäude war überreich verziert und
beherbergte kostbare Beutestücke aus Palmyra. Dort wurden u.a.
goldene und juwelenbestickte Gewänder aus dem Bel-Tempel geplündert. Der Geburtstag des Gottes wurde am 25. Dezember begangen und das
Christentum dürfte später dieses Datum für das Weihnachtsfest übernommen
haben. In seiner Heimat Pannonien wurde dem Sonnengott besonders
eifrig gehuldigt. Und Aurelian hatte es auch nicht verabsäumt die
Heiligtümer Emesa und Palmyra zu besuchen. Schon Elagabal hatte versucht den
syrischen Sonnengott in Rom heimisch zu machen. Aber im Gegensatz zu
Aurelian wollte Elagabal die alten Götter
verdrängen, nicht ergänzen. Jetzt übernahm Sol invictus ganz
ohne grosse Probleme den Vorsitz im römischen Panthenon. Dies löste
eine zunehmende Vermischung zwischen westlich-römischer und östlich-orientalischer
Kulte aus. Das theologische System des Monotheismus wurde so
vorbereitet. Auf Münzen erschien neuerdings die Sonne mit der Umschrift Sol
Dominus imperii Romani (Die Sonne =der Sonnengott, Herrscher des
Römischen Reiches). Der Kaiser stellte sich dabei als oberster Diener
des neuen Gottes dar. Diese Religionsauffassung war für Rom völlig
neu. |
Münzportrait |
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