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Bibliothekspersonal

Ägypten, Mesopotamien & das alte Griechenland

In den Tempelbibliotheken Ägyptens und Mesopotamiens bedienten Priester und deren Gehilfen die Wünsche der "Kunden". Meist waren es sie selbst, die sich Wissen aus den Papyrii bzw. Tontäfelchen holten.

Die Archive gingen anfangs aus den Tempelbuchhaltungen hervor und verselbständigten sich lediglich in Mesopotamien zu eigenen Institutionen, auf die vor allem die Herrscher Zugriff hatten. In diesem Bereich benötigte man schon geschulteres Verwaltungspersonal als den reinen Benutzer. Da die Fähigkeit zu schreiben in aller Regel von einer eigenen Berufsgruppe ausgeübt wurde, gehörten sie nicht nur als reine Kopisten schon früh zum Grundstock eines jeden Archivs. Als eifrige Benutzer fertigten und verwalteten die Schreiber natürlich ihre Werke in rationeller Form. Damit Texte fehlerfrei kopiert und Verwaltungsakte korrekt geführt werden konnten, gesellten sich zu ihnen bald Aufseher, die sich auch auf andere bibliotheksbezogene Tätigkeiten konzentrieren konnten (Ausleihe, Sicherstellung der Rückgabe, Erwerb von Neubeständen, etc.)

Die Archive der mykenischen Zeit (1600 bis 1200 v.Chr.) in Griechenland benötigten für ihren Betrieb keine reinen Schreiber sondern mehr Buchhalter, da es sich nur um die Aufzeichnung von wirtschaftlichen Vorgängen handelte (Statistiken und Urkunden). Nachdem die Palastverwaltungen zusammengebrochen waren, gab es für derart qualifiziertes Personal keine Beschäftigung mehr und die Schreiber nahmen ihre Silbenschrift mit ins Grab.

Erst mit der Übernahme des phönizischen Alphabets und der Anlage der ersten Sammlungen von Schriftrollen entstand wieder Bedarf an geschultem Personal. Anfangs verwaltete jeder Eigentümer seine Rollen selbst, doch die Gründung städtischer Bibliotheken ergab wieder ein Betätigungsfeld. Im 4.Jh.v.Chr. waren Stadtschreiber in den öffentlichen Archiven gang und gäbe.

Zur gleichen Zeit wurden Museion und die Grosse Bibliothek in Alexandria gegründet. Sie war die erste Institution dieser Art, die spezialisiertes Personal benötigte. Alleine die Politik der Ergreifung jedes Buches, das Ägypten erreichte, erforderte Personen mit geschultem Auge und Experten für Schrift und Sprache; Kopisten wurde so auch zu Übersetzern. Beschädigte Werke wurden von Restauratoren wieder instand gesetzt und zahlreiche Hilfskräfte schafften die Papyrii von einem Eck in das nächste, von den Schränken zu den Lesern und umgekehrt. Mit von der Partie war auch Servierpersonal, das im Falle der Veranstaltungen in den Bankettsälen, die Erfrischungen reichte. Recht viel mehr ist über das Personal jener Tage nicht bekannt, doch darf man aufgrund der griechisch-römischen Tradition annehmen, dass es sich dabei meist um Sklaven gehandelt haben dürfte.

Rom

Die römischen Bibliotheken entwickelten sich einerseits genauso wie ihre griechischen Vorgängerinstitutionen, andererseits durch den Raub ganzer Bestände. Um all dies organisatorisch zu bewältigen, bedurfte es literarisch geschulten Personals. Dabei bediente man sich einfach griechischer Sklaven, die durch ihre Bildung und Herkunft genau die richtigen für diesen "Job" waren.

Cicero und Atticus etwa, hatten solche Sklaven aus dem Land der Hellenen. Sie brachten nicht nur Ordnung in die Sammlungen, sondern fertigten auch Abschriften an, korrigierten Fehler und setzten verbrauchtes Material wieder instand. Ab einer gewissen Grösse wurden die Kataloge unübersichtlich, sodass die Besitzer grosser Privatbibliotheken sich an Fachleute wandten, die auch ihr eigenes Personal haben konnten. Manch ein Sklave erkannte den Wert der Schriften und wurde zum Langfinger, wie folgender Bericht von Cicero 46 v.Chr. zeigt:

"Mein Sklave Dionysius, der meine sehr kostbare Bibliothek beaufsichtigte, hat viele meiner Bücher gestohlen und sich, da er wusste, was ihm blühen würde, aus dem Staub gemacht."

Wie man an dieser Bemerkung sieht, war es durchwegs üblich Sklaven die Gesamtleitung einer Bibliothek zu überlassen. Augustus übertrug die Organisation seiner Einrichtungen sowohl freien Bürgern, als auch Freigelassenen und Sklaven. Beispiele sind etwa Gnaeus Pompeius Macer, dessen Vater ein bekannter griechischer Staatsmann und Historiker war, oder der Sklave Gaius Maecenas Melissus, der nach seiner Freilassung durch Maecenas sich diesem Unterfangen widmete. Der Leiter der Palatinischen Bibliothek war ein Freigelassener namens C. Iulius Hyginus mit ausgezeichnetem wissenschaftlichen Ruf. Bekannt als Direktor in augusteischer Zeit ist weiters der Freigelassene Tiberius Claudius Scirtus.

Tiberius schuf mit dem procurator bibliothecarum erstmals eine Verwaltungsstelle, die alle kaiserlichen Bibliotheken (vier oder fünf) in Rom beaufsichtigte. In der weiteren Geschichte (vermutlich seit Vespasian) ist dieser Posten aber nicht mehr von Fachleuten besetzt worden, sondern er hat sich ganz allgemein in die Reihenfolge des cursus honorum (Lebenslauf der höheren Beamten) eingereiht.

Die wichtigsten Aufgaben waren Rechnungskontrolle, Akquisition und Organisation des Bibliotheksbetriebes. Somit konnte jemand, der nur über durchschnittliche literarische Kenntnisse verfügte (wie die gesamte Oberschicht Roms), ohne Probleme diesen Posten bekleiden. Da es sich um ein Amt jenseits der Macht handelte, konnten die Inhaber schon einmal mehrere Kaiser erleben, wie etwa Tiberius Iulius Pappus, der Tiberius, Gaius und Claudius diente.

Kaiser Vespasian änderte die Besetzungspolitik der hohen Staatsämter und damit kamen auch auf den Posten des Bibliotheksprokurators freie Bürger der Oberschicht. Unter diesen Voraussetzungen wurde der vornehme Grieche Dionysios aus Alexandria unter Vespasian oder Titus Aufseher der römischen Bibliotheken. Zuvor hatte er die Leitung des Museions in Alexandria inne gehabt; später wurde er Korrespondenzsekretär für griechische Angelegenheiten.

Aus der Zeit Hadrians und des Antoninus Pius sind gut ein Dutzend Namen bekannt und deren Lebensläufe zeigen, dass es für alle nur ein Posten unter vielen war. So konnte man vorher Finanzprokurator in Alexandria gewesen sein und später Statthalter in einer Provinz werden. Anders als unter Augustus lag das Amt des procurator bibliothecarum nicht am oberen, sondern am unteren Ende der Karriereleitern.

An der Spitze einer einzelnen Bibliothek stand ein Bibliothekar, dessen Titel sich nach der jeweiligen Bezeichnung des Hauses richtete (z.B. bibliothecarius Tiberianus für die Tiberius-Bibliothek). Die Summe der ihm zur Verfügung stehenden Mitarbeiter wurden schlicht unter der Bezeichnung a bibliotheca (zur Bibliothek gehörig) zusammengefasst; wobei die selbe Benennung galt, wie beim Bibliothekar selbst.

Die "niederen" Tätigkeiten wurden allesamt von Sklaven und Freigelassenen ausgeübt, wobei erstere deutlich überwogen. Im Gegensatz zu den privaten Bibliotheken konnte man als kaiserlicher Sklave durchaus Karriere machen. Zum einen erhielt man bei Eignung andere, grössere und verantwortungsvollere Arbeitsbereiche zugeteilt, zum anderen konnte die Freiheit gewährt werden; wobei man die Tätigkeit weiter verrichtete. Es herrschte unter den Sklaven ein besonderer, der ständigen hochgeistigen Beschäftigung entspringender, Korpsgeist. Im allgemeinen blickte man auf die anderen kaiserlichen Sklaven herab.

Zu ihnen gehörten die Schreiber und Kopisten, Restauratoren sowie Träger, die Schriftrollen von den Schränken und aus den Magazinen zu den Lesern brachten. Als wichtigste Voraussetzung mussten sie natürlich lesen und schreiben können. Da nicht ein jeder gebildete Sklave in allen Bereichen gut war, teilte man sie entweder der griechischen oder der lateinischen Abteilung der jeweiligen Bibliothek zu. So konnten sie Experten auf ihrem Fachgebiet werden.

Qualifizieren konnte sich ein Sklave in comparare (anschaffen), designare (Bestimmung), supplere (ergänzen), commutare (ersetzen; meist mit voriger Tätigkeit zusammengefasst) oder glutinare (ausbessern; eigentlich: "kleben"). In spätantiker Zeit wurden viele Schriftrollen in Kodexform (= moderne Buchform) gebracht. Diese Tätigkeit wurde vom antiquarius (eigentlich: "Altertumsliebhaber") ausgeübt. Unter Valens dienten in Konstantinopel sieben solcher Fachleute.

Darüber hinaus gab es noch andere Ämter, die im Hintergrund des Bibliotheksbetriebes ausgeübt wurden. So wird sich um den Erhalt des Gebäudes und der Einrichtung der vilicus (Verwalter) gekümmert haben. Ein besonders augenfälliges Amt war das des medicus bibliothecis (Arzt für alle kaiserlichen Bibliotheken). Mit dem Freigelassenen Tiberius Claudius Hymenaeus, ist uns durch einen Grabstein sogar ein Name aus augusteischer Zeit bekannt. Offensichtlich gab es derart viele Angestellte, dass sich ein eigener Betriebsarzt rentierte.

Griechische Vase aus dem 5.Jh.v.Chr. mit der Abbildung einer lesenden Frau. Links daneben steht eine kleine Bücherkiste
e libro W.Hoepfner "Antike Bibliotheken" (c) bpk Berlin F3044 I.Geske


Quellen: W.Hoepfner "Antike Bibliotheken", L.Casson "Bibliotheken in der Antike", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)