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Die Provinz Sardinia et Corsica

Spätes Engagement

Bereits 378 v.Chr. hatten die Römer versucht auf Sardinien und Corsica Niederlassungen zu gründen. Sieht man von Einzelfällen aus, blieb der Versuch eigene Handelskolonien an den Ostküsten der beiden Inseln zu errichten erfolglos und wurde auch von Karthago 348 v.Chr. untersagt. Zu gross war die Übermacht der etablierten Handelsvölker, allen voran Phokäern und Karthagern. Es scheint, als dass eine Eroberung selbst 100 Jahre später noch kein Thema gewesen war. Erst im Zuge der Auseinandersetzungen mit Karthago rückten die Inseln tatsächlich in den Bereich römischen Machtkalküls.

Als erstes griff der Konsul Lucius Cornelius Scipio 259 v.Chr. nach Corsica, nahm die Insel jedoch nur oberflächlich ein. Die Zerstörung der wichtigen Stadt Alalia richtete sich denn auch mehr gegen die Karthager, denn gegen die Inselbevölkerung. Diese zeigte bereits zu Beginn des römischen Engagements ihren erbitterten Widerstand und es sollte 100 Jahre und zehn Feldzüge benötigen die römische Herrschaft bis 163 v.Chr. zu festigen. Im allgemeinen beschränkte sich die römische Präsenz in dieser Zeit auf die Küstenstreifen, sowie einige Militärkolonien im Inneren. Interessant zu bemerken ist, dass trotz der römischen Besetzung Corsica erst mit dem Friedensvertrag von 238/237 v.Chr. auch rechtlich gesehen römischer Besitz wurde.

Etwas anders sah die Lage bei Sardinien aus. Näher an den karthagischen Nachschubwegen gelegen, blieb das Eiland noch zwanzig Jahre unter deren Oberhoheit. Erst 238 v.Chr. griff der Konsul Titus Sempronius Gracchus nach der Insel, auf welche die Karthager im Rahmen eines Zusatzprotokolls des Friedensvertrages im Ersten Punischen Krieg verzichten mussten. Da die Römer ihren Herrschaftsanspruch wesentlich enger auslegten, als die hauptsächlich am Handel interessierten Karthager, kam es rasch zu Aufständen der sardischen Bevölkerung. Bereits 235 v.Chr. feierte man in Rom den ersten Triumph de Sardis sowie 231 v.Chr. Papirius Maso und 172 v.Chr. Gaius Cicereius je einen Triumph in monte Albano über Corsica.

Der schwierige Weg zur wirklichen Provinz

Immer wieder mussten die Konsuln Heere und Schiffe ausrüsten, um den Unruhen auf beiden Inseln Herr zu werden, die fast schon im Jahresabstand aufflackerten. Der reinen Militärhoheit konsularischer Armeen wurde erst 227 v.Chr. ein Ende bereitet. In diesem Jahr trat Marcus Valerius Laevinus als erster prätorischer Statthalter für Sardinia et Corsica sein Amt in Carales auf Sardinien an. Am labilen Gesamtzustand änderte dies kaum etwas. Die Sarden entzogen sich permanent dem römischen Zugriff, indem sie sich in die Höhlen und uralten Bauten der Nuraghenkultur im Gebirge zurückzogen. Auf der anderen Seite blieb das römische Engagement gemessen an bisherigen Eroberungen eher bescheiden. Von beiden Inseln gibt es nicht nur aus dieser Zeit kaum Informationen. Man verachtete die Einwohner wegen ihrer Käuflichkeit und Nichtsnutzigkeit, was in einem nach Cicero zitierten römischen Sprichwort Ausdruck fand: Sardos venales, alium alio nequiorem. (Die Sarden sind käuflich; einer nichtsnutziger als der andere.) Die Wirtschaft hatte sich seit den Neuerungen der Handelsvölker nicht weiterentwickelt und die klimatischen Verhältnisse galten als der Gesundheit abträglich.

Wohl auch auf Grund dieses römischen Verständnisses heraus, verbündete sich der sardische Fürst Hampsicora  215 v.Chr. mit den Karthagern und stellte ein eigenes Heer auf. Die Römer nannten diese Soldaten sardi pelliti (Fellsarden), was sich auf ihre Kleidung bezog. Sie trugen nämlich die Mastruca, eine grosse Schaffelljacke. Alle Organisation half nichts und die Sarden verloren ebenso, wie die Karthager, die in der Schlacht von Cornus nahe dem heutigen Bosa besiegt wurden.

Überraschenderweise machte man erst 177 v.Chr. man die unsichere Insel auch rechtlich-religiös gesehen zur Provinz. Erneut kam zu Aufständen sardischer Gebirgsstämme, allen voran den Iliensi und den Balari, die jedoch ebenfalls niedergeschlagen werden konnten. Die erste römische Kolonie namens Mariana liess Gaius Marius um das Jahr 104 v.Chr. im Nordostteil der Insel einrichten. Doch auch sein Rivale Sulla liess 82/81 v.Chr. eine Kolonie anlegen; und zwar in Alalia selbst.

Gegen Ende der römischen Republik wirkte sich auch der Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius auf die Inseln aus. Während sich Carales auf caesarische Seite schlug, hielt man in Sulci zu Pompeius. Für seine Treue erhielten die Einwohner von Carales später von Caesar das römische Bürgerrecht verliehen, wohingegen Sulci die dadurch ausgefallenen Steuern zusätzlich zu begleichen hatte. Corsica wurde in den Jahren zwischen 40 und 38 v.Chr. durch Sextus Pompeius besetzt, nachdem die zunächst unter der Kontrolle seines Vaters gestandene Insel sich Caesar angeschlossen hatte. Von nun an konnten die Flotte des Pompeius den Handel mit Rom und dem wichtigen Getreidelieferanten Sizilien lahm legen. Auch Sardinien hatte unter Piratenüberfällen zu leiden.

Um die Getreideversorgung Roms sicherzustellen musste sich die caesartreue Fraktion den Pompeianern beugen und ihnen die Kontrolle über beide Inseln im Vertrag von Misenum 39 v.Chr. überlassen. Doch Octavianus liess daraufhin nichts unversucht um sich den Eilanden wieder zu bemächtigen. Nach erneutem Hin und Her gelang es ihm mit einer neuen Flotte die Oberhand zu gewinnen und die ökonomische Bedrohung Roms zu beenden.

Verwaltung und Militär in der hohen Kaiserzeit

Im Zuge der Neuordnung des Römischen Reiches unter Augustus, wurde Sardinien 27 v.Chr. zu einer senatorischen Provinz, nach 6 n.Chr. jedoch wieder dem Kaiser unterstellt. Da der Kaiser auf die Ernennung eines vertrauensvollen Prokonsuls verzichtet hatte und stattdessen einen ritterlichen praefectus provinciae Sardiniae losschickte, könnte der Grund für den Statuswechsel in Piratenüberfällen liegen, der auch den Einsatz von Flotteneinheiten vorsah. Die Machtkompetenz dürfte jener des praefectus Aegypti ähnlich gewesen sein, wie man anhand des im gleichen Jahr bestellten Präfekten für Iudaea ermittelt hat.

Nero befand 67 n.Chr. eine ausreichende innere Ruhe, sodass er die Provinz in diesem Jahr wieder dem Senat zur Verwaltung übergab. Mit ein Grund für diese Entscheidung war der Aufbau von lokalen Milizen  gewesen (zumindest auf Sardinien nachgewiesen), welche den nicht romanisierungswilligen Einheimischen Einhalt geboten.

Im Zuge des Bürgerkrieges nach Neros Tod 69 n.Chr. optierte die Insel Corsica mehrheitlich für Otho, wohingegen der Statthalter Decumus Pacarius sich für Vitellius entschied. Widerstand in der Bevölkerung und der Oberschicht liess er durch Hinrichtungen bekannter Persönlichkeiten brechen. Um weiteres Blutvergiessen zu verhindern, schlossen sich die Städte dem Statthalter an. Doch als Pacarius mit Truppenaushebungen begann, folgte ein inselweiter Aufstand, der mit dem Tod der Vitellianer endete. Für die Inselbewohner war damit der Spuk vorbei, da sich keiner der Thronkandidaten mit Corsica beschäftigt hatte.

Bereits um 74 n.Chr. war der senatorische Status erneut rückgängig gemacht worden. Ein ähnliches Intermezzo fand unter Traianus von 110 bis ca. 115 n.Chr. statt. Damals wurde die Siedlung Aquae Hypsitanae als Forum Traiani (Fordongianus) zum zentralen Garnisonsort der Insel ausgebaut um den Stämmen in der Barbaria (eine Gebirgsregion) endgültig Herr zu werden.  Seit dieser Massnahme kehrte allmählich Ruhe auf Sardinien ein. Einen letzten kurzfristigen Statuswechsel gab es unter Marcus Aurelius in den 170er Jahren. Die Verwaltungsgeschichte beider Inseln ist bislang nicht ausreichend aufgedeckt worden und es scheint nicht ungewöhnlich gewesen zu sein auch für jede Insel einen eigenen Statthalter bestellt zu haben, wobei jener von Sardinien die Oberhoheit gehabt haben dürfte. Wohl stand dies im Zusammenhang mit militärischen Massnahmen.

Lange Zeit war man davon ausgegangen, dass das Innere der Inseln sich der Romanisierung entzogen hatte. Neueste Forschungen haben dies nun widerlegt. Die Dichte an römischen Bauten und Funden liegt kaum unter jener der Küstenregionen. Lediglich einige wirklich schwer zugängliche Gebiete blieben ausgespart. Inwieweit dies auch auf Corsika zutrifft, kann infolge des unzureichenden Forschungsstandes noch nicht beantwortet werden.

Die dürftige Nachrichtenlage aus der Provinz hielt auch während der Kaiserzeit an. Alleine von Grenzstreitigkeiten ist man besser informiert. Noch in republikanischer Zeit stritten sich auf Sardinien die Stämme der Patulcenses und der Galillenses um eine Grenzziehung. 111 v.Chr. entschied der Prokonsul Marcus Metellus den Streit zum ersten Mal und im folgenden Jahrhundert kam es immer wieder zu Schiedssprüchen der Statthalter, Einsprüchen, Fristverlängerungen, etc. Endlich ordnete der Proconsul Lucius Helvius Agrippa 69 n.Chr. die Räumung des Gebietes der Patulcenses an - nach 180 Jahren!!!

77 n.Chr. war es auf Corsica zwischen den den Stämmen der Vanacini und der Mariani ebenfalls zu Grenzstreitigkeiten gekommen, nachdem der Prokurator Publius Memorialis ein Gebiet an Erstere verkauft hatte. Da man sich lokal nicht einigen konnte, wandte sich eine Gesandtschaft der Vanacini an Vespasianus in Rom, der die Angelegenheit an den aktuellen Procurator Claudius Clemens zurückdelegierte; ihm aber einen Landvermesser schickte. In der Kaiserzeit diente Corsica auch als Verbannungsort. Bekanntester Proponent hierbei war Seneca, der acht Jahre auf der Insel zubringen musste, ehe ihn Agrippina 48 n.Chr. wegen der Erziehung ihres Sohnes Nero zurückbeorderte. Auf Sardinien ist Zwangsarbeit verurteilter Verbrecher und in den Zeiten des Commodus von Christen bezeugt.

Auch von militärischer Seite ist man über die beiden Provinzen nur sehr dürftig informiert. Sieht man von extra eingeschifften Truppen zur Niederschlagung von Aufständen ab (noch 19 n.Chr. stand auf Sardinien eine reine Besatzungsarmee), so gab es nur Auxiliareinheiten. Dies waren die cohors Aquitanorum (bereits seit augusteischer oder tiberianischer Zeit auf Sardinien stationiert um im 1.Jh.n.Chr. nachgewiesen), die cohors Lusitanorum (1.Jh.n.Chr.) sowie die Zwillingskohorten cohors I Gemina Sardorum et Corsorum und cohors II Gemina Ligurum et Corsorum (beide für 88 bis 96 n.Chr.). Über ihre Dislokation weiss man allerdings wenig.

Aus der Spätantike ist man noch weniger über die Ereignisse auf beiden Inseln informiert. Mit den Reformen des Gallienus werden ein oder vielleicht auch bereits zwei zivile praesides (Präsidialgouverneure) die Provinz verwaltet haben. Kaiser Diocletian teilte im Zuge seiner Reichsreform die Provinz Sardinia et Corsica gemäss ihrer Geografie in zwei Teile und ordnete sie unter je einem praesidis der Diözese Italia zu. In diesem Verwaltungsstatus verblieben die Inseln bis zum Untergang Westroms.

Augustus, Nero, Trajan und Marc Aurel änderten den Status der Provinz


Quellen: T.Bechert "Die Provinzen des Römischen Reiches", Baedeker Reiseführer "Korsika" & "Sardinien", W.Eck "Die Verwaltung des Römischen Reiches in der hohen Kaiserzeit", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)