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WURFSPEER |
Stein, Bogen & Co
Die einfachste Wurfwaffe überhaupt ist der Stein. Wer einmal von einem am Kopf getroffen wurde, kann ein Lied von der Effektivität dieses Geschosses singen. Selbst bei Auftreffen auf einen Helm konnte eine Gehirnerschütterung oder Bewusstlosigkeit erzielt werden. Gewöhnliche Steine schleuderte man mit der Hand, doch gab es in der römischen Armee auch speziell dafür ausgebildete Hilfstruppen. Besonders berüchtigt für ihre Treffsicherheit waren die funditores (Steinschleuderer) der Balearen sowie aus Rhodos. Sie benutzten eine funda (Schlaufenschleuder), mit der zwar nicht jeder Stein verschossen werden konnte, aber dafür mit umso grösserer Wucht und Genauigkeit sein Ziel traf. Man möchte es nicht glauben, aber es gibt genug Gegenden, in denen auf Anhieb nicht genug geeignete Schleudersteine zur Verfügung standen. Aus diesem Grund erfand man die glandes; 20 bis 50 g schwere dattelkernförmige Bleigeschosse. Die Schleuder selbst war von einfachster Konstruktion. Sie bestand aus einem breiten Stoff- oder Lederband und zwei daran befestigten Sehnen- bzw. Darmschnüren (meist mit Fingerschlaufen). Man legte das Geschoss in das Band, nahm die Enden der Schnüre und begann damit zu kreisen. Im gewünschten Augenblick liess man eine Schnur los und der Stein flog (hoffentlich) in die gewünschte Richtung. Die Treffsicherheit ist zwar den anderen Fernwaffen deutlich unterlegen, doch wurde dies durch die enorme Reichweite von über 300 m mehr als kompensiert. Ein weiterer Vorteil lag darin, dass man die Steine und Bleie beim Anflug kaum sah. Auch mancher Legionär übte sich in der Kunst des Schleuderns, wie zahlreiche Schleuderbleie mit Legionsnummerierung zeigen. Stand keine leichte Infanterie zur Verfügung konnten diese Legionäre ihren Kameraden in dieser Weise aushelfen. Die komplexeste Fernwaffe - deshalb ausschliesslich von eigenen sagittarii genannten Hilfstruppeneinheiten zu Fuss (selten zu Pferde) verwendet - war der Bogen. Natürlich machten sich die Römer die besten Bogenschützen ihrer Zeit zu Diensten. Einen besonders guten Ruf hatten die Kreter, die Syrer und jene aus dem Gebiet rund um den Pontus. Zum Einsatz kamen hauptsächlich Weiterentwicklungen des eigentlich skythischen Kompositbogens (auch Reflexbogen genannt). Da dieser für den Kavallerieeinsatz entwickelt worden war, besass er lediglich eine Länge von einem guten Meter. Die Konstruktion bestand nicht nur aus Holz, sondern auch aus Horn, Bein und Sehnen. Die Spannkraft wurde nicht durch die Holzkonstruktion erreicht, sondern entwickelte sich durch die auf der Hinterseite des Bogens angebrachte Hornschicht samt auf der Vorderseite angeleimter Sehnen. Die Bögen wurden in entspanntem Zustand (mit vom Schützen wegweisenden Bogenenden) transportiert und nur für den Einsatz bespannt. Die Pfeile besassen flache oder dreiseitige Bronze- bzw. Eisenspitzen und waren in der Regel gefiedert (kennt man ja aus allerlei Filmen). Manchmal brachte man auch Widerhaken an der Spitze an. Die Maximalreichweite von Spezialpfeilen reichte bis über 500 m, doch wurden im Gefecht massenproduzierte Pfeile bis etwa 200 m Einsatzreichweite verwendet. Bögen mussten hingegen einzeln angefertigt werden, da die Herstellung mitunter Jahre dauern konnte. Zudem waren sie empfindlich gegen Feuchtigkeit und erforderten eine aufwändige Pflege durch den Schützen. Die Effektivität von Bogenschützen wurde in der Hitze des Gefechts nicht immer voll ausgeschöpft, da das Spannen des Bogens eine anstrengende und das Zielen eine zeitaufreibende Tätigkeit war. Ein mit voller Wucht abgefeuerter Pfeil konnte selbst einen leicht gepanzerten Mann problemlos töten. Man beschränkte sich oft mit locker abgeschossenen Pfeilen, die an gepanzerten Zielen höchstens abprallten, aber durch ihre Menge den Gegner in Deckung zwangen. Selbst schwere Infanterie konnte dadurch in Bedrängnis geraten. Im 3.Jh.n.Chr. tauchte eine weitere Wurfwaffe auf, die für den Nahkampf konzipiert war. Die plumbatae oder mattiobarbuli genannten Dartpfeile waren 20 bis 40 cm lang (zur Hälfte Eisenspitze und Holzschaft) und wogen 100 bis 200 g. Sie wurden innen an Schilden in Halterungen gesteckt und erlaubten es der schweren Infanterie auch mobiliere Ziele (Pferde!) zu treffen. Ihre Verbreitung bei den Truppen nahm besonders nach dem allmählichen Wegfall des Wurfspeeres zu. Schlussendlich kam seit der hohen Kaiserzeit vereinzelt, die manuballista auf. Dieses auf Torsionstechnik basierende Kleingeschütz für den Ein-Mann-Gebrauch wurde in der Spätantike derart verkleinert, dass sie als Vorläufer der Handfeuerwaffen angesehen werden kann. Man verwendete sie meist als "Scharfschützengewehr" im Stellungskrieg. Auf der gleichen Idee fusste in der Spätantike die arcuballista (grch. solenarion) als früheste Form der Armbrust. Diese wurden von von eigenen Truppenverbänden benutzt. Diese Waffe war auch für Polizeiaktionen (z.B. Zwangsrekrutierungen) interessant, wo es darum ging, schnell einen Schuss abgeben zu müssen, ohne vorher Handgriffe zu tätigen. Ausserdem durfte die Reichweite einer Armbrust nicht unterschätzt werden. Bezüglich Zielgenauigkeit wurde sie erst im 17.Jh.n.Chr. von den Feuerwaffen übertroffen. |
Die Wirkungsweise |
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Quellen: Marcus Junkelmann, "Die Legionen des Augustus"; Simon Macdowall, Gerry Embleton, "Late Roman Infantryman 236-565 AD"; Simon Macdowall, Christa Hook, "Late Roman Cavalryman 236-565 AD", Marcus Junkelmann, "Panis Militaris" |
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